12.11.2018
Illegaler Welpenhandel reißt nicht ab
Deutscher Tierschutzbund veröffentlicht Datenauswertung für 2017
Im Jahr 2017 war die Anzahl der Fälle von illegalem Heimtierhandel in Deutschland doppelt so hoch wie in den Jahren zuvor. Das zeigt eine nun veröffentlichte Auswertung, in welcher der Deutsche Tierschutzbund Fälle untersucht hat, die durch Medienberichte oder durch die betroffenen Tierheime bekannt wurden. Insbesondere die zu früh von der Mutter getrennten, kranken Hundewelpen bringen die Tierheime, die bei der Notunterbringung für die Behörden einspringen, immer noch an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
„Das Bedürfnis der Menschen nach einem Rassehundwelpen und gleichzeitig die Gier, dafür möglichst wenig Geld auszugeben, bieten Händlern einen idealen Absatzmarkt in Deutschland“, sagt Andrea Furler-Mihali, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Dabei bestimmt das Angebot die Nachfrage. Jedem potentiellen Käufer sollte klar sein, dass er die kriminellen Machenschaften von Vermehrern und Händlern unterstützt, die skrupellos erhebliches Tierleid in Kauf nehmen und die Gesundheit von Tieren – aber auch von Menschen – durch den Import von kranken Tieren gefährden.“
107 Fälle von illegalem Heimtierhandel wurden 2017 bekannt – und damit deutlich mehr als in den Vorjahren (2016: 59 Fälle, 2015: 36 Fälle, 2014: 54 Fälle). Dabei bleibt jedoch unklar, ob generell mehr Tiere transportiert wurden oder ob vermehrte Grenzkontrollen und eine stärkere Sensibilisierung der Behörden zu einer höheren Aufdeckungsrate führten. Während bei den aufgedeckten Fällen die Anzahl der transportierten Hunde zwar leicht schwankte (2017: 641 Hunde, 2016: 550 Hunde, 2015: 422 Hunde, 2014: 858 Hunde), sorgten 2017 zwei besonders große Tiertransporte mit Kleintieren, darunter Ratten, Mäuse und Kaninchen, dafür, dass die Gesamtzahl der Tiere auf 11.001 stieg – und damit auf das Zehnfache mehr als in den Vorjahren. Positiv zu sehen ist dabei, dass noch nie so viele der entdeckten Tiere (99,5 Prozent) beschlagnahmt wurden, während nur wenige beim Händler bzw. Fahrer verblieben. Die überwiegende Mehrheit der Tiere kam 2017 erneut aus dem osteuropäischen Raum: Rumänien, gefolgt von Ungarn und Bulgarien gehörten zu den häufigsten Herkunftsländern. Aufgrund der Grenznähe wurde der Großteil (75 Prozent) der Transporte in Bayern aufgedeckt. Wie auch in den Jahren zuvor waren die vorgefundenen Tiere vor allem für den deutschen Markt bestimmt (81 Prozent). Hier findet der Weiterverkauf an Privathalter vor allem über Internetanzeigen statt. In den Fällen, in denen Angaben zur Rasse der betroffenen Hunde gemacht wurden, handelte es sich bei der Mehrzahl (88,6 Prozent) um Rassehunde, angeführt vom Zwergspitz (47 Hunde), Chihuahua (31 Hunde) und American Staffordshire-Bullterrier (28 Hunde), wobei bei letzterem sogar ein Verstoß gegen das Hundeverbringungs- und –einfuhrbeschränkungsgesetz vorliegt.
Transportierte Hunde krank und zu jung
Im Großteil (97 Prozent) der Fälle, bei denen Angaben zum Alter der Hunde gemacht wurden, waren diese zu jung für den Transport – meist gerade einmal acht Wochen oder jünger. Vor der 15. Lebenswoche darf jedoch kein Welpe eine europäische Grenze überschreiten, da vor diesem Zeitpunkt keine gültige Tollwutimpfung gegeben sein kann. Häufigster Grund für die Beschlagnahmung war daher – wie in den Jahren zuvor – ein Verstoß gegen das Tiergesundheitsgesetz aufgrund der fehlenden Tollwutimpfung. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz wurden seltener festgehalten, obwohl es dazu sicherlich genügend Anlass gegeben hätte. So zeigen die dokumentierten Fälle, dass 79 Prozent der Hunde in einem schlechten Gesundheitszustand waren und Anzeichen von allgemeiner Erschöpfung, Verwurmung, Ektoparasiten und Durchfallerkrankungen aufwiesen.
Tierheime kommen an ihre Grenzen
Die Aufnahme vieler Tiere aus beschlagnahmten Transporten bringt für die Tierheime einen enorm großen personellen und organisatorischen Aufwand. Kranke Hundewelpen müssen aufgepäppelt und zudem ausreichend sozialisiert werden, um möglichen Verhaltensproblemen entgegen zu wirken. Die kranken Tiere verursachen zudem hohe Kosten: Während bei einem normalen Fundhund mit Kosten von circa zwölf bis 15 Euro gerechnet werden muss, kostet ein beschlagnahmter Welpe etwa das Dreifache, durchschnittlich circa 34 Euro pro Tag. Hochgerechnet kommt man für 2017 pro aufgedecktem Fall mit durchschnittlich sechs Hundewelpen auf einen fünfstelligen Gesamtbetrag, der größtenteils von den Tierheimen geschultert werden musste. Denn vielen Tierheimen, die für die zuständigen Behörden einspringen, indem sie die Notunterbringung der Tiere übernehmen, werden die entstandenen Kosten nicht vollständig erstattet. Oder sie werden auf etwaige privatrechtliche Ansprüche an die Züchter im Ausland verwiesen. Diese Ansprüche sind in der Regel nicht durchsetzbar – aus Tierschutzsicht ein nicht akzeptabler Zustand. „Für die Tierheime ist es wichtig, einen Ansprechpartner – etwa das Landratsamt oder das Veterinäramt – zu haben, der sich der Kostenfrage annimmt und die voraussichtlich entstehenden Kosten abdeckt“, so Furler-Mihali.